Jahrelang waren sich Top-Manager einig: Mitarbeiter kündigen wegen besser bezahlter Jobs. Oft aber ist sogar das Gegenteil der Fall und finanzielle Einbußen werden durchaus akzeptiert. Das zeigt eine Analyse von über 20.000 Exit-Gesprächen des renommierten Saratoga Institutes, eine Forschungseinrichtung in Kalifornien, bekannt für seine HR-Benchmarks. Sie thematisieren die Gründe der Mitarbeiter weswegen sie sich entschieden haben ihre Talente zukünftig mit anderen Menschen zu teilen.
Was steckt dahinter, was sind die wahren Gründe, warum gute Mitarbeiter kündigen oder andererseits ihren Teams, Führungskräften und Unternehmen treu und loyal bleiben?
Diese Anforderungen und Vorstellungen verändern sich mit uns im Laufe der Zeit. Was braucht es heute für eine hohe Loyalität in Ihrem Team?
Arbeitszeit ist Lebenszeit
Unsere Arbeitszeit ist Lebenszeit. Jeden Montag das „Augen zu und durch“-Mantra murmeln, das ewige Warten auf den nächsten Freitag, noch ein paar Stunden Leben wenn wir endlich am Abend aus der „Bude“ raus sind. Das kann doch nicht sein.
Es geht um Work-Life-Benefits, wo jeder sein Bestes gibt. Der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer. Wo sich einer um den Anderen kümmert.
Kümmern und sein Bestes geben im Sinn einer Unterstützung des Menschen. Loyalität funktioniert heute vielmehr wie im Sinne einer Freundschaft.
Man bekommt sie geschenkt und kann sie nicht erzwingen.
Mitarbeiterloyalität muss man sich wie Kundenloyalität immer wieder neu verdienen. Loyalität ist heute kein blinder Gehorsam, sondern eine mündige, freiwillige Form der Loyalität. Es ist eine Art Verbundenheit, wo sich Mitarbeiter Gedanken um das Wohl ihres Unternehmens und unternehmerische Interessen zu ihren eigenen machen. Sie arbeiten mit hohem Engagement und Freude und betreiben gerne positive Mundpropaganda. Mitarbeiterloyalität steht in engem Zusammenhang mit Kundenloyalität, sie verstärken sich gegenseitig – im Positiven wie im Negativen.
Indikatoren dafür sind beispielsweise Eigenengagement, Entwicklungs- und Fortbildungsbereitschaft und auch Nörgelhäufigkeit. Loyale Mitarbeiter sind Erfolgsmacher auf mehreren Ebenen: Sie möchten ihre Leistungskraft einbringen, wirken als interne Motivatoren und externe Positivverstärker.
Wenig engagierte, illoyale Mitarbeiter im Vergleich dazu sind große Umsatzvernichter des Unternehmens. Sie verhindern Innovation und erzeugen stimmungstechnisch eine interne Negativspirale.
Niedrige Loyalität und hohe Fluktuation demoralisieren die verbleibenden Kollegen und verbreiten Unsicherheit, ziehen das Unternehmens-Know-how ab, unterbrechen Kundenbeziehungen, reduzieren die Servicequalität sowie Produktivität und verursachen zu guter Letzt immense Kosten.
Die Ursachen für eine Abwanderungswilligkeit sind oft unternehmensintern hausgemacht, das Vertrauen der Mitarbeiter ist verspielt.
Was ist also für mehr Loyalität tun?
Loyalität ist keine Einbahnstraße, sie beginnt unternehmensseitig beim Management. Denn alle Mitarbeiter orientieren sich an der Führungsspitze und ihren Führungskräften.
Für diese bedeutet das im Feinstofflichen: Anerkennung und konstruktives Feedback geben, echtes Interesse an seinen Kollegen und Mitarbeitern als Menschen haben und zeigen und seiner Wertschätzung Ausdruck verleihen. Nicht die einfachste Übung. Die „Nix gesagt ist genug Lob“-Fraktion tut sich damit besonders schwer.
Es wird Ihnen gedankt werden, denn das Fehlen dieser sozialen Kompetenzen sind die Top-Gründe, warum sich gute Mitarbeiter nach dem sprichwörtlichen „letzten Tropfen“, der meist überraschend für alle kommt, ein neues Team suchen.
Wenn Sie lieber in die Hände spucken und anpacken: Unterstützung zur persönlichen Lebenserleichterung kann auch eine Kinderbetreuung im Betrieb sein. Oder als budgetschonende Variante eine helfende Hand, die geeignete Kinderbetreuung zu finden. Oder Unterstützung bei der Suche guter Ärzte, Gesundheitsförderung an sich und Fortbildungen nach persönlichen Mitarbeiterpräferenzen. Diese Unterstützung bildet ebenfalls Loyalität und wird aus ehrlicher Motivation heraus auch entsprechend wahrgenommen.
Die Liste von Dingen, wo Menschen gern Unterstützung annehmen, ist schier endlos und immer mit persönlichen Präferenzen verknüpft, die leicht herauszufinden sind: Einfach nachfragen.
Vielleicht ist es das viel gerühmte Beispiel der hauseigenen Putzerei, möglicherweise ein Angebot frischer oder veganer Lebensmittel in der Kantine beziehungsweise im nahen Umfeld oder zeitlicher und örtlicher Raum, wo Pausen wirklich gewollt sind und Kreatives tatsächlich gefördert wird.
Es braucht oft nicht viel Budget, sondern mehr ein über den Schatten springen, ein Entgegenkommen und Ausprobieren.
Somit ist Flexibilität ein ganz großer Wert und eine Verhaltensweise, die Loyalität bildet. Auch sie kann Unterschiedliches sein wie zum Beispiel Home-Office-Möglichkeiten, Gleitzeit- und Zeitausgleichsmodelle.
Noch mehr ist es die Flexibilität im Geiste und im Handeln, das Öffnen für neue Ideen und das Ausprobieren über die „Das haben wir aber immer so gemacht“-Grenzen hinweg. Auch das ist mitunter schwierig in der Umsetzung.
Die gute Nachricht ist: Was uns schwierig erscheint, können wir lernen, üben und besser darin werden um gewünschte Ergebnisse gemeinsam zu erzielen.
Was ist zu vermeiden
Klar definieren lässt sich genau das Gegenteil, das nie Loyalität schafft: Ein Starrsein und Starrsinn, Bewegungsunfähigkeit sowie kein Einfühlungsvermögen für Andere.
Folgende Zustände sollten auf Dauer nicht überhand nehmen – deswegen verlassen gute Mitarbeiter ihre Jobs wie Ratten das sinkende Schiff:
- Permanent viel zu viel Arbeit
- Ständige Umstrukturierungen und (gefühlte) Unsicherheiten
- Weit unrealistische Zielsetzungen
- Kaum Inspiration
- Negative Atmosphäre
- Unfairer Umgang mit ehemaligen Mitarbeitern
Umgekehrt also, wenn Sie an diesen Schrauben drehen, wird die Loyalität Ihrer Mitarbeiter Ihrem Team und Unternehmen Flügel verleihen. Kaum ein Erfolgsfaktor ist so wichtig wie gute Stimmung im Team.
Die Psychologie weiß, dass wir Menschen uns wahrgenommen fühlen wollen. Das Selbstwirksamkeitsempfinden ist tief in uns verankert. Spüren wir es nicht, verlieren wir uns leichter in unzähligen Ablenkungen von Außen.
Im Durchschnitt werden nur bei einem von fünf Mitarbeitern Rückmeldung und Feedback gegeben. Dafür sind viele Gründe verantwortlich, vor allem auch weil Führungskräfte keine Zeit entbehren können oder dürfen. Sie stecken mit ihren Köpfen in Budgets, Kalendern oder Meetings und selten bei ihren Mitarbeitern und der eigentlichen Aufgabe einer Führungskraft, die besten Voraussetzungen für die eigene Mannschaft zu schaffen.
„Wir bezahlen Sie ja dafür, dass Sie Ihre Arbeit machen“ ist oft der Tenor. Das ist natürlich richtig – in einer „Dienst nach Vorschrift“-Anschauung.
Für ehrliches Engagement müssen wir auf Dauer mehr bieten als finanzielle Anreize. Loyalität des Arbeitgebers erzeugt Loyalität bei seinen Mitarbeitern. Fehlende Loyalität der Führungsspitze schafft Illoyalität auch unter Mitarbeitern.
Neurochemischer Balsam
Wir alle sind Menschen und fühlen Unbehagen oder uns wohl. Und jeden Tag ein bisschen mehr vom Einen oder Anderen, so höhlt auch hier der stete Tropfen den Stein.
Loyalität hat immer mit guten Gefühlen zu tun.
Menschen, die in einer Kultur von Wertschätzung und Anerkennung arbeiten, verfügen über ein stärkeres Immunsystem sowie höhere Stressresistenz.
Loyalität entsteht immer aus der Summe der Dinge, die jeder ein wenig anders empfindet. Die Basis bilden erlebte Wertschätzung, sinnmachendes Arbeiten und das Gefühl, ein geachtetes Mitglied des Teams zu sein. Diese Art von Miteinander löst in uns eine erhöhte Ausschüttung körpereigener Botenstoffe aus. Oxytocin schafft mehr Glückspotential und wirkt wie Balsam auf unsere Seele. Seine Wirkung fördert unsere Gesundheit und Wohlbefinden und stärkt unsere Vertrauensbereitschaft.
Menschen, die unsere Oxytocin-Ausschüttung stimulieren, werden automatisch im Emotionszentrum unseres Gehirns mit guten Gefühlen verknüpft. Diese Verknüpfung ist hauptverantwortlich dafür, Beziehungen zu stabilisieren. Das „wir“ gewinnt immer. – Wir alle können jeden Tag Veränderung zum Besseren schaffen.